Vorbemerkungen
Das Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe) und die Ausführungsgesetze des Landes NRW verpflichten die Kommunen dafür zu sorgen, dass die vorgesehenen Leistungen der Jugendhilfe bedarfsgerecht angeboten und die hoheitlichen Aufgaben wahrgenommen werden. Besonderes Kennzeichen der Jugendhilfe ist die Vielfalt von Trägern der freien Jugendhilfe unterschiedlicher Wertorientierungen sowie die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen.
Der Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie der Bundesstadt Bonn kommt mit dem Erlass dieser Richtlinien zur Förderung der Jugendverbandsarbeit seiner Verpflichtung nach § 12 Abs. 1 SGB VIII nach, Jugendverbände und Jugendgruppen (Ortsgruppen) zu fördern. Eine Förderung der Jugendverbände erfolgt darüber hinaus durch eine bedarfsgerechte Beratung und Unterstützung insbesondere durch die Fachkräfte der Jugendpflege des Amtes für Kinder, Jugend und Familie. Einzelne Angebote und Aktivitäten der Jugendverbände können nach den „Richtlinien zur Förderung der Jugendarbeit in Bonn“ gefördert werden, sofern die dort beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind.
1. Allgemeines
Die Bundesstadt Bonn erkennt den besonderen Stellenwert von Jugendverbänden. Diese bieten Gelegenheit für jugendliches Engagement in einem breiten Spektrum. Junge Menschen engagieren sich hier mit eigenen Wünschen, Interessen, unterschiedlichen Fähigkeiten und erhalten durch Bildungs- und Freizeitangebote Raum zur Persönlichkeitsentwicklung und selbstbestimmter Lebensgestaltung. Die Angebote basieren auf den Prinzipien freiwilliger Teilnahme, Mitbestimmung und ehrenamtlichen Engagement. Jugendverbände werden im Wesentlichen durch junge Menschen selbst organisiert. Auf diese Weise stellen sie eine besondere, werteorientierte Angebotsform der Jugendarbeit dar. Jugendverbände leisten einen Beitrag zur Partizipation und Teilhabe junger Menschen. Sie unterstützen so ein chancengerechtes Aufwachsen und die Entwicklung eines demokratischen Grundverständnisses.
1.1 Begriffsbestimmung
Jugendverbände sind Anbieter von Jugendarbeit ( vgl. § 11 SGB VIII (Öffnet in einem neuen Tab)). Ihre Tätigkeit ist eigenverantwortlich und selbst organisiert. Sollte der Jugendverband Teil einer Erwachsenenorganisation sein, so ist er dieser gegenüber eigenständig und verfügt über eine eigene Jugendordnung, in der diese Eigenständigkeit dokumentiert ist.
Die Gestaltung und Mitverantwortung der Jugendarbeit erfolgt gemeinschaftlich (vgl. §12 Abs. 2. S. 1 SGB VIII (Öffnet in einem neuen Tab)).
Im Organisationsstatut (z. B. der Satzung oder Jugendordnung) gibt es Regelungen, die eine innerverbandliche Willensbildung und eine Organisationsstruktur nach demokratischen Grundsätzen gewährleisten. Eine feste Organisationsstruktur sichert die Einheit und Kontinuität des Jugendverbandes unabhängig vom Wechsel seiner Mitglieder. Die Arbeit des Jugendverbandes ist auf Dauer angelegt. In der Regel sind die Angebote des Jugendverbandes auf die eigenen Mitglieder ausgerichtet, sie können sich aber auch an Nichtmitglieder wenden. Es handelt sich auch um einen Jugendverband, wenn der Dachverband vom Land NRW als Jugendverband anerkannt ist und sich diese Anerkennung auch auf die Ortsgruppen erstreckt.
Ein Jugendverband ist in Bonn tätig, wenn er eine Ortsgruppe im Gebiet der Bundesstadt Bonn unterhält und der überwiegende Anteil der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die dort verbandlich organisiert sind, in Bonn wohnt.
Unter „Ortsgruppe“ wird in dieser Richtlinie die Organisationseinheit auf der „untersten“, lokalen Gliederungsebene eines Jugendverbandes verstanden. Verschiedene Ortsgruppen können sich auf Stadt- oder Regionalebene zur sogenannten „Bezirksebene“ zusammenschließen und so einen Jugendverband bilden. Die Bezirksebene stellt die „höchste“ Gliederungsebene eines Jugendverbandes in der Stadt Bonn dar.
1.2 Fördergrundlage
Ortsgruppen erhalten auf Antrag eine Förderung ( vgl. § 12 Abs. 1 SGB VIII (Öffnet in einem neuen Tab)). Die Förderung setzt sich aus einer Basisförderung, deren Höhe unabhängig vom Umfang der jugendverbandlichen Tätigkeiten ist, und einer Zusatzförderung, deren Höhe sich nach dem Umfang der jugendverbandlichen Gruppenaktivitäten bemisst, zusammen.
Voraussetzung für die Gewährung der Förderung ist der Nachweis von jugendverbandlichen Gruppenaktivitäten in Bonn. Hierunter werden Aktivitäten mit einer Mindestdauer von 60 Minuten aus folgenden Bereichen verstanden:
- Gruppenarbeit
(z.B. wöchentliche Gruppenstunden) - Kinder- und Jugenderholung und Fahrten
(z.B. Stadtranderholungen, Ferienfreizeiten, Ausflüge) - außerschulische Jugendbildung
(z.B. Umwelt-Thementage, Fortbildungen, Gedenkstättenfahrten), - Internationale Jugendarbeit
(z.B. Jugendbegegnungen,) - Jugendkulturarbeit
(z.B. Kunstprojekte, Konzerte) - Partizipation
(z.B. Jugendsitzungen, Mitgliederversammlungen) - Besprechungen der Gruppenleitungen
(berücksichtigt werden jährlich maximal zehn Leitungsrunden)
An den Aktivitäten nehmen mehr als fünf junge Menschen, die in Bonn wohnen, zuzüglich der Leitung teil. Die Leitung der Aktivitäten ist in der Regel durch eine gültige Jugendleitercard (Juleica) oder eine abgeschlossene pädagogische Berufsausbildung qualifiziert.
In begründeten Ausnahmefällen können mit der Jugendpflege Ausnahmen der Aktivitätsbereiche und der Qualifikation der Leitungen abgestimmt werden.
1.3 Antragsberechtigte Jugendverbände
Antragsberechtigt sind Ortsgruppen, die
• die unter Punkt 1.1 beschriebenen Merkmale erfüllen,
• in Bonn regelmäßig, das heißt außerhalb der Schulferien NRW durchschnittlich mindestens einmal im Monat, eine der unter Punkt 1.2 beschriebenen Aktivitäten mit einer Mindestdauer von 60 Minuten und mehr als fünf Teilnehmenden zuzüglich der Leitung durchführen,
• und deren überwiegender Anteil an Mitgliedern in Bonn wohnt, sofern sie zum Zeitpunkt der Antragstellung noch aktiv verbandlich tätig sind.
Die Ortsgruppen eines Jugendverbandes können gegenüber dem Amt für Kinder, Jugend und Familie erklären, dass sie ihre Bezirksebene zur Antragsstellung ermächtigen, wenn sie selber noch keinen Antrag nach dieser Richtlinie im laufenden Jahr gestellt haben. Im Ermächtigungsfall können die Ortsgruppen auch keine weiteren Anträge nach dieser Richtlinie im laufenden Jahr mehr stellen. Zur Antragsstellung durch die Bezirksebene ist es nicht erforderlich, dass diese von allen in ihr zusammengeschlossenen Ortsgruppen ermächtigt wurde. Im Falle der Antragsstellung durch die Bezirksebene gelten die Regelungen und Auflagen für Ortgruppen entsprechend für die Bezirksebene.
Voraussetzung für eine Förderung sind der Abschluss und die Umsetzung der Vereinbarung zum Kinderschutz in der Jugendarbeit nach § 72 a SGB VIII (Öffnet in einem neuen Tab) durch die jeweilige Ortsgruppe mit dem Amt für Kinder, Jugend und Familie der Bundesstadt Bonn.
Neu gegründete Ortsgruppen sind erst ab dem zweiten Jahr der jugendverbandlichen Tätigkeit antragsberechtigt.
1.4 Ausschluss der Förderung
Nicht gefördert werden Zusammenschlüsse oder übergeordnete Organisationseinheiten der Jugendverbände, die Jugendabteilungen von Sportverbänden, Jugendorganisationen politischer Parteien, kirchliche oder schulische bzw. schulbezogene Angebote und offene Gruppen ohne feste Mitgliederstruktur.
2. Antragsverfahren
2.1 Fristen
Anträge sind bis zum 30. April jeden Jahres unter Verwendung des Antragsmusters einzureichen. Verspätet eingereichte oder nicht vollständige Anträge werden nicht berücksichtigt. Die Ermächtigung der Bezirksebene zur Antragsstellung ist gegebenenfalls jährlich zu erklären.
2.2 Förderdauer
Die Förderung nach dieser Richtlinie erfolgt jeweils für die Dauer eines Jahres. Dabei dient der Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember des Vorjahres als Grundlage für die Ermittlung der Förderung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember des jeweils laufenden Jahres.
Sollte die Ortsgruppe innerhalb des Förderzeitraums ihre Tätigkeit in Bonn einstellen oder sich auflösen, so wird die Förderung nur anteilig für den Zeitraum des Bestehens gewährt.
2.3 Form der Förderung
Die Förderung erfolgt in Form einer fachbezogenen Pauschale, die aus einer Basisförderung und einer Zusatzförderung besteht. Die geförderten Ortsgruppen sind verpflichtet, die Fördermittel wirtschaftlich und sparsam sowie den Zielen ihrer Jugendarbeit zweckentsprechend zu verwenden.
Die geförderten Ortsgruppen sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit auf die Förderung durch das Amt für Kinder, Jugend und Familie der Bundesstadt Bonn hinzuweisen.
Wurde die Bezirksebene zur Antragsstellung ermächtigt, so wird diese die Fördermittel dennoch den Ortsgruppen zur Verwendung zur Verfügung stellen, sofern aufgrund des Organisationsstatuts nicht die Bezirksebene für die Verwendung der eingenommen Finanzmittel des Jugendverbandes zuständig ist. Entsprechendes ist zu belegen.
2.4 Förderhöhe
Jede Ortsgruppe erhält eine jährliche Zuweisung in Form einer fachbezogenen Pauschale. Die fachbezogene Pauschale wird unabhängig von den tatsächlich entstandenen Kosten im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gewährt.
Die fachbezogene Pauschale setzt sich zusammen aus einer Basisförderung und einer Zusatzförderung. Die Basisförderung ist abhängig von der Zahl der Mitglieder der Ortsgruppe gestaffelt. Berücksichtigt werden nur Mitglieder ab dem 6. Lebensjahr bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, die in Bonn wohnen und sich regelmäßig an den jugendverbandlichen Gruppenaktivitäten entsprechend Ziffer 1.2 beteiligen. Stichtag für die Feststellung der Mitgliederzahl ist der 31. Dezember des Vorjahres.
Die Basisförderung beträgt für Ortsgruppen
- mit weniger als 50 Mitgliedern 100 Euro
- mit 50 und mehr, aber weniger als 100 Mitgliedern 200 Euro
- mit 100 und mehr, aber weniger als 150 Mitgliedern 300 Euro
- mit 150 und mehr, aber weniger als 200 Mitgliedern 400 Euro
- mit 200 oder mehr Mitgliedern 500 Euro
Die Zusatzförderung ist abhängig vom Umfang der nachgewiesenen jugendverbandlichen Gruppenaktivitäten. Die Höhe der Zusatzförderung errechnet sich aus der Anzahl aller Tage, an denen eine Aktivität nach Punkt 1.2 durchgeführt wurde (Aktivitätstage). Finden verschiedene Aktivitäten an einem Tag statt, so zählt jede einzeln für sich (d.h. finden z.B. an einem Tag zwei unterschiedliche Gruppenstunden statt, zählt dies als zwei Aktivitätstage).
Die Verteilung der nach Abzug der Basisförderung noch zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel erfolgt proportional zu den Aktivitätstagen auf alle antragsberechtigten Jugendverbände, die fristgerecht (s. Ziffer 2.1) einen vollständigen (s. Ziffer 2.5) Antrag eingereicht haben.
Stellt die Bezirksebene die Anträge für die ihr untergliederten Ortsgruppen, so wird jede dieser Ortsgruppen bei der Berechnung der Förderhöhe separat betrachtet.
Aktivitäten, die nicht durch die Ortsgruppe veranstaltet wurden (z.B. Teilnahme an einer JuLeiCa-Schulung auf überörtlicher Ebene) werden nicht berücksichtigt.
Die genaue Förderhöhe kann jeweils erst nach dem 30. April auf der Grundlage der vorliegenden berücksichtigungsfähigen Anträge ermittelt werden. Über die Förderung wird ein Bescheid erteilt.
2.5 Einzureichende Unterlagen
- Vollständig ausgefüllter Antrag nach beigefügtem Muster
- Rechtsverbindliche Erklärung zur Verwendung der fachbezogenen Pauschale (siehe AnlagePDF-Datei1,49 MB)
Auf Anforderung durch das Amt für Kinder, Jugend und Familie:
- das für den Förderzeitraum gültige Organisationsstatut
- Mitgliederliste zum 31. Dezember des Vorjahres
- Nachweis über die Qualifikationen der Leitungskräfte
- Bericht über die Aktivitäten der Ortsgruppe
- listenmäßiger Nachweis der Verwendung der Fördermittel durch Auszug aus den betreffenden Abschnitten oder Unterabschnitten der Jahresrechnung
3. Rücknahme/Widerruf des Bewilligungsbescheides
Der Bescheid über die Bewilligung einer Förderung kann ganz oder teilweise zurückgenommen bzw. widerrufen werden, wenn
- der Förderungsempfänger (Ortsgruppe oder Bezirksebene/Jugendverband innerhalb des Förderzeitraums seine Tätigkeit in Bonn einstellt oder sich auflöst
- die in den Antragsunterlagen gemachten Angaben gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern des Amtes für Kinder, Jugend und Familie nicht hinreichend erläutert wurden
- die Förderung aufgrund von unrichtigen Angaben bewilligt wurde
- wiederholt nicht auf die Förderung durch die Bundesstadt Bonn hingewiesen wurde.
Überzahlte Fördermittel sind zu erstatten.
4. Inkrafttreten
Diese Richtlinien treten zum 1. Juni 2023 in Kraft. Gleichzeitig treten die Richtlinien zur Förderung der Jugendverbandsarbeit der Bundesstadt Bonn vom 1. Januar 2018 außer Kraft.