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Bundesstadt Bonn

Strukturwandel und Zukunftsperspektiven

Erfolgreicher Strukturwandel

Der Deutsche Bundestag hat im Jahr 1991 den Beschluss gefasst, den Parlamentssitz und Teile der Bundesregierung nach Berlin zu verlagern. Um den in der Region Bonn dadurch ausgelösten strukturellen Wandel zu steuern, wurde das sogenannte „Fünf-Säulen-Modell“ entwickelt:

  • Säule 1 „Bonn als Bundesstadt“
  • Säule 2 „Zentrum für internationale Zusammenarbeit“
  • Säule 3 „Region der Wissenschaft und Forschung“
  • Säule 4 „Region zukunftsorientierter Wirtschaftsstruktur“
  • Säule 5 „Modell einer umweltgerechten Städtelandschaft und Kulturregion“

Im Berlin/Bonn-Gesetz wurde dieser strategische Ansatz im Jahr 1994 festgeschrieben und ein Förderprogramm in der Region umgesetzt. Insgesamt wurden zwischen 1994 und 2004 finanzielle Mittel in Höhe von etwa 1,437 Milliarden Euro in 90 Ausgleichsprojekte und weitere 210 Einzelmaßnahmen verausgabt. Dabei ist der überwiegende Teil in den Bereich „Wissenschaft und Forschung“ investiert worden. Die Projekte und Maßnahmen haben insgesamt zu einem erfolgreichen Strukturwandel geführt. Bonn ist mit zwei DAX-Konzernen wirtschaftlich breiter aufgestellt, die Investitionen in Wissenschaft und Forschung haben zu umfassenden Innovationspotenzialen mit einer hochqualifizierten Beschäftigtenstruktur geführt, die Neuansiedlungen von UNO-Einrichtungen weisen Bonn weiterhin eine wichtige internationale Rolle im Bereich der Nachhaltigkeit zu und letztlich ist Bonn das zweite politische Zentrum in Deutschland geblieben.

Zweites politisches Zentrum

Die dauerhafte und faire Arbeitsteilung zwischen der Bundeshauptstadt Berlin und der Bundesstadt Bonn ist im Berlin/Bonn-Gesetz von 1994 festgeschrieben worden. Demnach ist der Erhalt und die Förderung politischer Funktionen in der Bundesstadt Bonn in folgenden Politikbereichen umzusetzen:

  • Bildung und Wissenschaft, Kultur, Forschung und Technologie, Telekommunikation,
  • Umwelt und Gesundheit,
  • Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,
  • Entwicklungspolitik, nationale, internationale und supranationale Einrichtungen sowie
  • Verteidigung.

Zudem wurde bestimmt, dass sich Bundesministerien in Berlin und Bonn befinden, wobei Bundesministerien in Bonn einen (zweiten) Dienstsitz in Berlin und Bundesministerien in Berlin einen (zweiten) Dienstsitz in Bonn erhalten. Heute haben sechs Bundesministerien ihren ersten Dienstsitz in Bonn, die mit den seinerzeit festgelegten Politikbereichen übereinstimmen. Insbesondere diese Ministerien besitzen enge räumliche Verflechtungen zu den in Bonn vorhandenen oder neu angesiedelten Einrichtungen. Im Berlin/Bonn-Gesetz wurde auch festgelegt, dass insgesamt der größere Teil der ministeriellen Arbeitsplätze in der Stadt Bonn zu erhalten ist. Allerdings ist bereits seit dem Jahr 2008 die Mehrzahl der Arbeitsplätze in Berlin registriert worden. Dabei hat sich das Verhältnis der Aufteilung auf die Regierungsstandorte Berlin und Bonn im Zeitverlauf zuungunsten der Bundesstadt Bonn entwickelt. Im Teilungskostenbericht 2021 der Bundesregierung wird das Verhältnis der ministeriellen Arbeitsplätze mit rund 70 Prozent (Berlin) zu 30 Prozent (Bonn) angegeben.

Zusatzvereinbarung zum Berlin/Bonn-Gesetz

Die die Bundesregierung tragenden Parteien haben sich in ihrem Koalitionsvertrag vom 7. Dezember 2021 darauf verständigt, mit der Region Bonn eine Zusatzvereinbarung zum Berlin/Bonn-Gesetz zu schließen. Im Vertrag heißt es dazu: „Wir stehen zum Berlin/Bonn-Gesetz. Hierzu wird der Bund mit der Region Bonn sowie den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine vertragliche Zusatzvereinbarung abschließen“. Vor diesem Hintergrund hat die zuständige Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), Klara Geywitz, die Region Bonn, Rhein-Sieg, Ahrweiler und Neuwied im Frühjahr 2022 besucht und erste Gespräche zum Thema Zusatzvereinbarung geführt.

Auf der Grundlage dieser Gespräche hat die Bundesministerin die Region sowie die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen (NRW) und Rheinland-Pfalz (RLP) gebeten, sich zunächst auf Themenschwerpunkte in Bereichen, in denen die Region Bonn vor allen anderen Regionen in Deutschland über ein Alleinstellungsmerkmal verfügt, zu verständigen. Die Region solle dabei darlegen, wo ihr Hauptinteresse liege und welche Kernkompetenzen im Interesse der Bundesländer und des Bundes weiter gestärkt werden sollten.

Das BMWSB strebt an, sich mit der Region Bonn und den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz bis Ende 2023 auf Eckpunkte für eine Zusatzvereinbarung zu verständigen.

Entsprechend der Bitte des BMWSB hat die Region in Abstimmung mit den Bundesländern NRW und RLP erste Schwerpunktthemen benannt. Diese Themen, bei denen die Region objektiv über herausragende Alleinstellungsmerkmale und Kernkompetenzen verfügt, sollen Gegenstand der Zusatzvereinbarung werden. Das Bestreben der Region ist, wie bereits im Leitbild von 2019 „Bundesstadt Bonn – Kompetenzzentrum für Deutschland“ benannt, diese Alleinstellungsmerkmale und Kompetenzen über die Zusatzvereinbarung weiter auszubauen und dauerhaft im Gesamtinteresse der Bundesrepublik Deutschland zu sichern. 

Aus Sicht der Region liegt es im Interesse der Bundesrepublik Deutschland, wenn die hier in einzigartiger Weise gebündelten Kernkompetenzen in besonderer Weise vom Bund ergänzt und auch von ihm selbst genutzt werden. Der Bund und die Bundesländer NRW und RLP sollen gemeinsam mit der Region die Zusatzvereinbarung zum Berlin/Bonn-Gesetz als Chance nutzen, Bonn und die Region zu dem deutschen Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln.

Vor diesem Hintergrund hat sich die Region gemeinsam mit den Bundesländern NRW und RLP auf Arbeitsebene zunächst auf die folgenden Schwerpunktthemen als Vorschlag für weitere Verhandlungen verständigt:

  • Sicherung der dauerhaften und fairen Arbeitsteilung zwischen Berlin und Bonn mit einem Verbleib von signifikanten Teilen der Bundesregierung mit Bundesministerien und entsprechenden ministeriellen Arbeitsplätzen in Bonn.
  • Weiterentwicklung des UN- und Nachhaltigkeitsstandortes, Neuansiedlung von internationalen Organisationen und Einrichtungen einschließlich der Schaffung beziehungsweise Vorhaltung von Raumreserven, strategischer Ausbau Bonns als attraktiver Standort für internationale Konferenzen sowie gezielte Stärkung der Sichtbarkeit Bonns als Standort der Vereinten Nationen im In- und Ausland.
  • Ausbau des Cyber-Sicherheits-Standorts. Die bundesweit und international bedeutsame, im Cyber Security Cluster Bonn gebündelte Expertise von Bundeseinrichtungen (BSI, BfDI, Kommando CIR), Unternehmen (Telekom und mittelständische Unternehmen) und Wissenschaft bildet die Voraussetzung für die zukunftsweisende Weiterentwicklung der Cyber-Sicherheit für Gesellschaft und Wirtschaft.
  • Bonn als Geburtsstadt Beethovens verbindet Leben und Werk sowie die freiheitlichen Ideen des großen Komponisten. Anknüpfend an die historische Rolle der Bonner Republik sollen besonders Demokratie und Parlamentarismus für nationale und internationale Gäste greifbar gemacht werden.
  • Standortsicherung des Bundes in der Region Bonn mit dem Erhalt und Ausbau von Bundesbehörden und Konzentration der Flächenbedarfe. Zukunftssichere Planung und Nutzung der Flächen des Bundes für Wohnungsbau (auch für Bundesbedienstete) sowie für die oben benannten Themenschwerpunkte der Region, die zur Umsetzung Flächen benötigen. Hierzu gehört auch die nachhaltige Verbesserung der Verkehrsverbindungen zwischen der Stadt Bonn und ihrer angrenzenden Regionen.
  • Die Region als Standort für Nachhaltigkeitsforschung: Der regionale Wissenschaftsstandort bietet im Bereich der Nachhaltigkeitsforschung mit den Hochschulen, internationalen Organisationen, Bundesministerien und –behörden ein einzigartiges „Ökosystem“. Die Region ist daher prädestiniert sowohl als Forschungsstandort als auch zur Etablierung von öffentlichen Wissenschafts- und Dokumentationsstätten sowie „Reallabore“ in den von der Flut im Juli 2021 betroffenen Gebieten.
Herr Dr. Matthias Schönert