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Bundesstadt Bonn

Beschäftigungsförderung

Besondere Herausforderungen

Auch im Jahr 2022 hat es mehrere Herausforderungen für den regionalen Arbeitsmarkt gegeben: die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation, steigende Energie- und Rohstoffpreise oder Materialengpässe. Hinzu kommen zunehmend spürbare Arbeitskräfteengpässe durch den demografischen Wandel. Viele Arbeitgeber*innen versuchen deshalb, möglichst lange an ihren Mitarbeiter*innen festzuhalten und deren Know-how für den Betrieb zu nutzen. Der Arbeitsmarkt entwickelte sich trotz der besonderen Herausforderungen in der Region im Jahr 2022 insgesamt stabil.

Situation für Auszubildende

Die Nachbeben von Schulschließungen, nur sehr geringe Berufsorientierungsangebote und erst sehr langsam wieder anlaufende Möglichkeiten von Betriebspraktika zeigen starke Auswirkungen auf den regionalen Ausbildungsmarkt. Auch 2022 fand mit der „Talente im Dialog“ nur eine Berufsorientierungsbörse, organisiert durch die Regionalagentur, statt. Mangelnde Orientierung, Zukunftsängste und die erlebte Instabilität bewährter Systeme haben zu einem deutlichen Wertewandel bei vielen jungen Menschen beigetragen. So spielen Sinnstiftung und Zukunftsperspektiven eine zunehmend stärkere Rolle bei der Berufswahl. Unternehmen müssen lernen, sich bei Auszubildenden zu bewerben, denn das Angebot ist deutlich größer als das Bewerbungsinteresse.

Arbeitskräfte gesucht

Insgesamt hat sich die Fachkräftesituation in der Region stark verändert. Durch die Pandemie besonders betroffene Branchen, wie beispielsweise das Gastgewerbe und der Handel, haben viele Beschäftigte dauerhaft an andere Branchen verloren. Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung haben sich zwischenzeitlich zum gesamtwirtschaftlichen Problem ausgewachsen, das den Arbeitskräftemangel insgesamt weiterhin verschärfen wird.

Bis 2027 werden etwa 11 Millionen Menschen den Arbeitsmarkt aus Altersgründen verlassen haben. Alle Anstrengungen gelten deshalb dem Ziel, die entstehende Lücke von etwa 40 Prozent fehlendem Nachbesetzungspotential zu schmälern. Die Stellschrauben sind auch in der Region Bonn/Rhein-Sieg:

  • Die Stärkung der beruflichen Aus- und Weiterbildung.
  • Die Verbesserung der Arbeitsmarktteilhabe.
  • Die Steigerung der Produktivität durch kluge Arbeitsorganisation.
  • Noch mehr Digitalisierung/KI.
  • Die gezielte Fachkräftezuwanderung.

In allen genannten Bereichen gibt es eine Vielzahl an Projekten und Engagement, das besonders in der Vernetzung der Aktivitäten Wirkung erzielt.

Regionalagentur Bonn/Rhein-Sieg

Die Regionalagentur Bonn/Rhein-Sieg vertritt die Zielsetzungen und Förderinstrumente der Landesarbeitsmarktpolitik NRW und des Europäischen Sozialfonds in der neuen Förderphase 2021ff. Als Transferstelle zwischen EU, NRW und regionalen Interessen vernetzt die Regionalagentur die wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Akteur*innen, um nachhaltige Projekte zur Stärkung des regionalen Arbeitsmarktes auf den Weg zu bringen. Mit der Fachkräfteoffensive NRW erfahren die bisherigen Arbeitsschwerpunkte „Aus- und Weiterbildung“, „Fachkräftesicherung“ und „digitale, soziale und ökologische Transformation“ eine noch stärkere Fokussierung auf die sich zunehmend verschärfende Arbeitsmarktsituation.

Bündnis für Fachkräfte Bonn/Rhein-Sieg

Das Motto „Gemeinsam für Lösungen sorgen“ war vielleicht in den elf Jahren des Bestehens noch nie so wichtig wie jetzt. Der enge fachliche Austausch und die strategische Kooperation zwischen den Arbeitsmarktakteur*innen ermöglicht eine Vertrauenskultur, um die uns viele Regionen in Deutschland beneiden.

Die Entwicklung vom Fachkräftemangel in einzelnen Branchen hin zum allgemeinen Arbeitskräftemangel in nahezu allen Arbeitsbereichen erfordern das vernetzte Handeln mehr denn je. Die wesentlichen Arbeitsmarktakteur*innen der Region sind hier unter Federführung der Regionalagentur Bonn/Rhein-Sieg angetreten, verbindliche Antworten auf die arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen der Region zu erarbeiten und umzusetzen. 

Betriebe und Beschäftigte

Die regionale Wirtshaft nahm auch 2022 die genannten Herausforderungen an und nutzte aktiv die Förderprogramme von Land und Bund, bei denen es um die Stärkung der internen Betriebsstrukturen geht. Besonders die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) konnten von den Programmen profitieren und wurden von der Regionalagentur zu den Fördermöglichkeiten beraten und bei der Antragstellung begleitet.

Neben weiteren, so wurden in 2022 die Förderprogramme „Potentialberatung NRW“ und „Gestärkt durch die Krise“ insgesamt 24 Mal umgesetzt, was rund 125 geförderten Beratungstagen in KMU entspricht.

Besondere Bedeutung kommt in den letzten Jahren zudem der beruflichen Weiterbildung zu. Der Wandel in der Arbeitswelt und die damit verbundenen Anforderungen bringen ein hohes Maß an Qualifizierungsbedarfen mit sich. Hier hat sich erneut der „Bildungsscheck NRW“ als wirkungsvolles Instrument bewiesen, der insgesamt 991 Mal in Anspruch genommen wurde.

Gestärkt wird der hohe Personalentwicklungsbedarf der Wirtschaft zudem durch die Unterstützung des individuellen Weiterbildungsengagements. Das Landesprogramm „Perspektive im Erwerbsleben“ (PIE) beinhaltet ein Beratungsangebot für Erwerbstätige, die sich beruflich neu orientieren wollen oder müssen. Im Rahmen einer Berufswegeplanung können interessierte Personen bis zu neun Einzelberatungen in Anspruch nehmen. Außerdem haben Menschen mit Migrationshintergrund die Möglichkeit, sich zum Thema „Anerkennung von Berufsabschlüssen“ beraten zu lassen. Beide Instrumente wurden von insgesamt 785 Personen in Anspruch genommen.

Jugend und Beruf

Mit dem „Ausbildungsprogramm NRW“ wurden junge Menschen mit Unterstützungsbedarf professionell auf dem Weg in die Ausbildung begleitet. Gleichzeitig erhielten Ausbildungsbetriebe einen finanziellen Zuschuss zur Ausbildungsvergütung für zusätzlich eingerichtete Ausbildungsstellen. Insgesamt konnten so 39 junge Menschen in Ausbildung vermittelt und dabei noch bis Mai 2023 begleitet werden. Eine Erweiterung bietet das neue Programm „Ausbildungswege NRW“, das zum 1. Juli 2023 gestartet ist und das alte Programm ablösen wird, denn neben der bewährten Coachings-, Vermittlungs- und Finanzunterstützung ist auch ein Ausbildungseinstieg über einen Bildungsträger möglich. Ziel ist die Stärkung der Ausbildungsfähigkeit von Jugendlichen und die betriebliche Nachwuchssicherung in Unternehmen. 

Für Menschen mit Familienverantwortung kann eine Berufsausbildung in Teilzeit ein guter Start ins Berufsleben sein. Das vom Land NRW und dem Europäischen Sozialfonds geförderte Programm „Teilzeitberufsausbildung – Einstieg begleiten – Perspektiven öffnen“ (TEP) unterstützt diesen. Mit den zur Verfügung stehenden 28 Plätzen im Jahr 2022 konnten immerhin 27 Teilnehmer*innen auf dem Weg in eine Berufsausbildung unterstütz und vermittelt werden. Die Regionalagentur koordiniert diese Programme, leistet die fachliche Begleitung und sorgt für die ergebnisorientierte Vernetzung aller beteiligten Akteur*innen. Zudem wurde auch 2022 in bewährter Form der regionale Ausbildungskonsens gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer moderiert sowie das regionale Übergangsmanagement Schule Beruf strategisch und operativ unterstützt.

Zielgruppenförderung

Leider hat sich auch im letzten Jahr gezeigt, dass die Themen „prekäre Beschäftigung“ sowie „Arbeitsausbeutung“ in unserer Region keine Randerscheinungen sind.

Die „Beratungsstellen Arbeit“ nehmen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit ein. Hier können sich arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen neutral und unabhängig beraten lassen. 

Die Beratungsstelle in Bonn-Tannenbusch kooperiert dabei in hohem Maße mit den relevanten Partner*innen vor Ort, wie den Jobcentern, der Agentur für Arbeit und im besonderen Maße mit der Beratungsstelle für den Rhein-Sieg-Kreis in Siegburg. Insgesamt wurden so in der Region im letzten Jahr 933 Personen individuell und professionell unterstützt. 

Frau Martina Schönborn-Waldorf
Leiterin Regionalagentur Bonn/Rhein-Sieg, Projektleitung Bündnis für Fachkräfte