Man stelle sich vor: In Bonn ist es 2035 leiser, man kann besser atmen und schlafen, denn es gibt kaum noch Autolärm und Feinstaub. Der öffentliche Raum gehört den Menschen und dient als Ort für Begegnung, Austausch und Erholung. Er ist intelligent gestaltet: Er spendet Frische und Schatten, wenn es heiß ist, und nimmt das Wasser auf, wenn es regnet. Die Menschen bewegen sich sicher durch die Stadt. In den Gebäuden ist es dank Dämmung im Sommer weniger heiß und im Winter müssen wir weniger heizen. Jede Menge Grün zwischen, an und auf den Gebäuden sorgt dafür, sich in der Stadt wohlzufühlen.
Klingt gut? All das sind positive Auswirkungen, die die Bekämpfung der Klimakrise hier in Bonn mit sich bringen wird. Der Klimaplan für ein klimaneutrales Bonn ist unser Fahrplan, um das zu erreichen.
Er definiert als Strategie klare Ziele und Entwicklungspfade in sieben Handlungsfeldern für die kommenden 13 Jahre. Und er enthält ein konkretes „Arbeitsprogramm Klimaschutz“ mit Aktivitäten für die nächsten drei Jahre, das wir mutig, konsequent und sozial gerecht umsetzen wollen. Im März 2023 hat der Rat der Stadt Bonn den Zielbeschluss zum Klimaplan gefasst.
Warum braucht es einen „Klimaplan“?
Seit 1990 konnten die Treibhausgas-Emissionen in Bonn um 27 Prozent reduziert werden. Um Klimaneutralität zu erreichen und dabei das verfügbare CO2-Restbudget einzuhalten, müssen wir jedoch in kürzerer Zeit deutlich mehr schaffen. Hinzu kommt: Die Klimakrise macht sich in Bonn schon heute zum Beispiel durch Hitzeperioden und Starkregen bemerkbar. Und es wird deutlich: fossile Energien haben auch in Bonn keine Zukunft.
Für die Klimaneutralität reichen auch noch so viele einzelne Maßnahmen nicht aus. Es ist vielmehr eine systematische Gesamtstrategie notwendig, die den Weg zum Ziel aufzeigt. Deshalb hat die Stadt mit einem Expertenteam aus Stadtplaner*innen, Ingenieur*innen und Wissenschaftler*innen den „Bonner Klimaplan 2035“ erarbeitet. Sämtliche Dezernate und Ämter sowie städtische Beteiligungsgesellschaften wie bonnorange, die Stadtwerke oder die VEBOWAG waren daran beteiligt.
Es geht nur gemeinsam
Der Klimaplan zeigt: Klimaneutralität 2035 unter Beachtung des Restbudgets aus dem 1,5 Grad-Ziel ist möglich, aber voraussetzungsvoll.
Um in Bonn klimaneutral zu werden (also nur so viel Treibhausgas-Emissionen zu verursachen, wie auf natürlichem oder künstlichem Weg ausgeglichen werden können), müssen die jährlichen Emissionen in Bonn bis zum Jahr 2035 um mehr als 90 Prozent sinken.
Bonn bringt im Vergleich zu anderen Städten vergleichbarer Größe eine gute Ausgangssituation mit. Das liegt unter anderem an dem hohen Anteil an Dienstleitung und Büroflächen. Zur Erreichung des Gesamtziels ist darüber hinaus die Unterstützung von Land, Bund und EU wesentlich.
Fast 60 Prozent der notwendigen CO2-Einsparungen können nur durch die Stadtgesellschaft selbst erreicht werden. Deshalb kommt der Mitwirkung der Bürger*innen eine zentrale Rolle zu, denn im Mitwirkungsverfahren „Bonn4Future – Wir fürs Klima“ haben Bürger*innen Vorschläge für ein klimaneutrales Bonn erarbeitet. Diese Vorschläge stärken und bereichern den Klimaplan. Im Zuge der Ausarbeitung und Umsetzung des Klimaplanes werden sie, wo es möglich ist, umgesetzt.
Der Klimaplan lädt die Bonner*innen zudem mit zahlreichen Mitwirkungs-Aktivitäten und Unterstützungs-Angebote dazu ein, sich an der Zukunftsgestaltung Bonns zu beteiligen.
CO2-Absenkung: 93 Prozent bis 2035 plus Kompensation
Fünf zentrale Erkenntnisse aus dem Klimaplan
- Klimaneutralität bis 2035 unter Einhaltung des Restbudgets aus dem 1,5 Grad ist möglich, sofern die Aufgabe als gesamtstädtisches und gesamtgesellschaftliches Projekt angepackt wird und die Rahmenbedingungen stimmen.
- Das Einflusspotenzial der Stadt Bonn wird dafür allein nicht ausreichen. Wichtige Rahmenbedingungen hierfür müssen von Land, Bund und EU gesetzt werden. Und auf lokaler Ebene kommt der Mitwirkung der ganzen Stadtgesellschaft eine zentrale Rolle zu.
- Klimaschutz „lohnt“ sich, sobald die gesamtgesellschaftlichen Effekte mit betrachtet werden: Die notwendigen Investitionen in ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen zahlen sich aus durch geringe Kosten bei der Klimaanpassung, weniger Kosten für die Beseitigung von Umweltschäden und durch Wertschöpfung und Arbeitsplatz-Effekte etwa im Handwerk.
- Der Energieverbrauch in Bonn wird sich laut Szenarienberechnung bis 2035 ungefähr halbieren. Das ist ein entscheidender Faktor für das Gelingen: Erst muss der Energieverbrauch deutlich gesenkt werden. Dann kann der verbleibende Bedarf aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden.
- Die Zukunft wird elektrisch: Die Verwendung von Strom für die Mobilität und Wärmeversorgung wird dazu führen, dass wir 2035 in Bonn trotz der genannten erheblichen Energieeinsparungen ungefähr doppelt so viel Strom benötigen werden wie derzeit. Deshalb ist ein erheblicher Ausbau von Photovoltaik in Bonn dringend erforderlich.
Zielzustand der Endenergie 2035 im Vergleich zu 2021: 100 Prozent klimafreundliche Versorgung bei 42% weniger Energiebedarf.
Woraus besteht der Klimaplan?
Der Bonner Klimaplan besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil ist die „Klimaneutralitäts-Strategie“ für die Gesamt-Stadt. Der zweite Teil ist das „Arbeitsprogramm Klimaschutz“ für die Stadtverwaltung für zunächst die kommenden drei Jahre.
Die Klimaneutralitäts-Strategie zeigt das CO2-Restbudget, den Zielpfad sowie die Reduktionspotenziale in sieben Handlungsfeldern (Governance, Gesellschaft, Wirtschaft, Gebäude, Energie, Mobilität, Kompensation) auf. Und sie stellt in einem Klima-Portfolio dar, welche Maßnahmen in der Gesamt-Stadt umgesetzt werden müssen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.
Der zweite Teil des Klimaplanes, das „Arbeitsprogramm Klimaschutz“, enthält konkrete Aktivitäten, welche die Stadtverwaltung in den kommenden drei Jahren selbst anstoßen und umsetzen kann. Dazu zählen investive Projekte in die städtische Infrastruktur ebenso wie notwendige Untersuchungen und Umsetzungskonzepte. Auch Beratung, Kommunikation und Bildung haben eine große Bedeutung im Arbeitsprogramm und sind entscheidend für das Zusammenwirken von Stadtgesellschaft und Verwaltung.
Aus dem Klimaplan wird deutlich: fast alle Lösungen sind schon bekannt – jetzt kommt es darauf an, diese gemeinsam, mutig und konsequent umzusetzen.
Arbeitsprogramm Klimaschutz: Fast 70 Aktivitäten in sieben Handlungsfeldern
Das Arbeitsprogramm Klimaschutz ist wie die Gesamtstrategie in sieben Handlungsfelder gegliedert, die uns dabei helfen, unsere Aktivitäten zu strukturieren.
Informieren Sie sich hier über die Handlungsfelder und einige der fast 70 Aktivitäten:
1. Governance
Damit ist das Steuerungs- und Regelungssystem zur Erreichung der Klimaneutralität gemeint. Governance stellt also das Fundament dafür dar, die große Fülle an parallellaufenden Aktivitäten gestalten und steuern zu können.
Zu diesem Fundament gehören zum Beispiel die Festlegung von internen Arbeitsabläufen und Prozessen sowie das Erheben von Kennzahlen. Dazu gehört aber auch, dass die Verwaltung – soweit sie es selbst kann – Rahmenbedingungen schafft, die den gesamtgesellschaftlichen Wandel hin zur Klimaneutralität als Ganzes unterstützen.
2. Gesellschaft
Veränderung beginnt durch das eigene Tun. Die für Klimaneutralität notwendige Veränderung ist aber nicht allein eine individuelle Aufgabe, sondern vor allem eine systemische. Denn neben Wissen und Fähigkeiten müssen auch die Rahmenbedingungen und Angebote geschaffen werden, die einen klimaschonenden Lebensstil einfach und naheliegend machen. Wir möchten deshalb den Klimaschutz im Alltag, in Bildung und Freizeit stärken. Dazu gehören Angebote zum Mitmachen, Bildungsangebote in und außerhalb von Schulen sowie die Förderung von Sport und Kultur als Multiplikatoren für Klimaschutz. Wir arbeiten daran, dass möglichst viele Bonner*innen erfahren, was nötig und möglich ist und dass sie auf verschiedene Weise dabei unterstützt werden, selbst aktiv zu werden.
So werden zum Beispiel in zunächst drei Quartieren Klimabüros mit Mitwirkungsmöglichkeiten für die Bürger*innen geschaffen, so dass Anwohner*innen gemeinsam den Wandel vor der eigenen Haustür mitgestalten können. Die Sport- und Kulturszene werden gezielt vernetzt und mit Beratung dabei unterstützt, mehr Klimaschutz in ihren Organisationen zu etablieren.
Mit transparenter Kommunikation möchten wir allen Bonner*innen ermöglichen, sich über den Weg zu Klimaneutralität zu informieren.
3. Wirtschaft
In diesem Handlungsfeld steht die Transformation der Wirtschaft und Klimaneutralität als wirtschaftspolitische Zielsetzung im Fokus. Vor allem Unternehmen haben hier Handlungsmöglichkeiten. Die Verwaltung nutzt ihre Möglichkeiten zur Unterstützung und um den Prozess voranzutreiben.
So möchten wir das betriebliche Mobilitätsmanagement in Bonner Unternehmen fördern und Klimapartnerschaften mit Gewerbe und Industrie aufbauen mit dem Ziel industrielle Produktionsprozesse auf die verstärkte Nutzung regenerativer Energieträger umzustellen. Austausch, Vernetzung und das Lernen von guten Beispielen sind auch in diesem Handlungsfeld Erfolgsfaktoren.
Deshalb unterstützt der jüngst ins Leben gerufene Nachhaltigkeits-Hub Region Bonn Unternehmen, Selbstständige und Startups bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategien vor allem auch mit Informations- und Beratungsangeboten.
4. Gebäude
Die Versorgung der Bonner Gebäude mit Strom und Wärme macht den größten Anteil an den Treibhausgas-Emissionen in Bonn aus. In diesem Handlungsfeld kann und muss also ein besonders großer Beitrag zur CO2-Reduktion geleistet werden. In jedem einzelnen Gebäude, aber auch mit Hilfe der übergeordneten Stadtentwicklung, die sich zum Beispiel mit Fragen der Flächeneffizienz beschäftigt.
Die Verwaltung entwickelt und setzt im Rahmen des Arbeitsprogrammes eine Strategie für einen klimaneutralen städtischen Gebäudebestand um. Und sie schafft Anreize für die nötige Modernisierung privater Wohngebäude. Dazu wird ein Förderprogramm für die sozialverträgliche energetische Altbaumodernisierung mit der Zielgruppe private Vermieter*innen aufgesetzt.
5. Energie
Die Energieversorgung in der Stadt soll 2035 zuverlässig und vollständig aus erneuerbaren Quellen bezogen werden. Bonn verfügt über ein großes Potenzial zur Produktion von Strom und Wärme aus Sonnenenergie. Nur ein sehr geringer Teil davon wird bislang genutzt. Das bereits existierende Förderprogramm Solar wird daher zu einer Aktivierungsoffensive PV ausgeweitet.
Wir investieren außerdem in ein Programm zur Umstrukturierung der Wärmeversorgung der Liegenschaften. Zudem wird eine gesamtstädtische, kommunale Wärmeplanung als wesentliche Grundlage für eine künftig klimaneutrale Wärmeversorgung durchgeführt.
6. Mobilität
Klimaneutralen Verkehr erreichen wir mit Vermeidung motorisierter Verkehre (weniger, gemeinsame und kürzere Wege), Verlagerung motorisierter Verkehre auf umweltfreundliche Verkehrsmittel (mehr zu Fuß, mit Fahrrad und ÖPNV) sowie der Elektrifizierung verbleibender motorisierter Verkehre.
Viele Aktivitäten in diesem Handlungsfeld sind bereits unabhängig vom Klimaplan in Arbeit und werden auf www.bonn.de/mobilitaet beschrieben.
Konkrete Aktivitäten im Arbeitsprogramm sind ein Konzept zu verkehrssparenden Siedlungsstrukturen und die Optimierung urbaner Wirtschaftsverkehre.
7. Kompensation
Die Vermeidung und Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen stehen im Vordergrund zur Erreichung der Klimaneutralität. Voraussichtlich wird es aber auch zukünftig noch einen Anteil an nicht vermeidbaren Emissionen geben. Daher müssen als letztes Mittel zusätzliche Maßnahmen zur Kompensation ergriffen werden.
Dies kann über die sogenannten „negativen Emissionen“ geschehen, indem CO2 der Atmosphäre entzogen und dauerhaft gespeichert wird. Erreicht werden kann dies sowohl durch technische Maßnahmen zur CO2-Bindung als auch über natürliche sogenannte CO2 Senken.
Kompensation möchte die Stadt Bonn möglichst auf lokaler und regionaler Ebene durchführen. Wieviel technisches und natürliches Potenzial für Kompensation und Speicherung es im Stadtgebiet gibt, muss zunächst durch Studien ermittelt werden.
Ein bereits konkretes Vorhaben ist die Aufforstung einer sechs Hektar großen Fläche „Schleifenfelsweg“.
Wie geht es weiter?
Der Klimaplan ist nach dreimonatiger politischer Beratung im März 2023 beschlossen worden. Dabei sind auch zahlreiche Änderungsanträge beschlossen worden. Zudem hat der Rat die Verwaltung beauftragt zu prüfen, wie die Ergebnisse der Mitwirkungsverfahrens „Bonn4Future – Wir fürs Klima“ umgesetzt werden können.
Mit dem Zielbeschluss ist die Umsetzung des Klimaplans initiiert. Nach der kurz vor den Sommerferien 2023 erfolgten Freigabe des Doppelhaushaltes 2023/2024 kann die Stadt nun die dafür notwendigen finanziellen Mittel bereitstellen sowie die notwendigen Personalstellen schaffen und besetzen. Dieser Prozess ist aktuell in Arbeit.
Als nächste Schritte werden die mit dem Zielbeschluss grundsätzlich beschlossenen Aktivitäten im Detail ausgearbeitet und die notwendigen Umsetzungsbeschlüsse vorbereitet, die jeweils noch durch die Politik zu fassen sind. Das Programmbüro Klimaneutrales Bonn 2035 erarbeitet aktuell in Workshops gemeinsam mit den federführenden Fachämtern, wann die Umsetzungsbeschlüsse in welchen Gremien schrittweise eingebracht werden.
Bereits heute steht fest: Der Klimaplan ist kein starres Konstrukt, sondern er ist ein dynamischer Prozess. Es wird ein Controlling der umgesetzten Aktivitäten geben, so dass der Plan auf Basis dieser Erkenntnisse und möglicher neuer Herausforderungen kontinuierlich fortgeschrieben werden kann.
Dokumente im Ratsinformationssystem „Allris“
Hier finden Sie auf einen Blick relevante Beschlüsse und Berichtsdokumente zu den Themen Klimaneutralität, Klimaplan 2035 und Bonn4Future.
Klimaneutralität und Klimaplan 2035
- Zielbeschluss Bonner Klimaplan 2035, März 2023 (Öffnet in einem neuen Tab)
- Überblick der Vorhaben zur Klimaneutralität, November 2022 (Öffnet in einem neuen Tab)
- Sachstand zum Bonner Klimaplan 2035, September 2022 (Öffnet in einem neuen Tab)
- Sachstand zum Bonner Klimaplan 2035, April 2022 (Öffnet in einem neuen Tab)
- Ergebnis der Bestandsaufnahme zum klimaneutralen Konzern 2035, 23.9.2021 (Öffnet in einem neuen Tab)
- Klimaneutrale Stadtverwaltung 2035, 1.9.2020 (Öffnet in einem neuen Tab)
- Leitbild der Stadt Bonn zu Klimaschutz und Klimaanpassung, 12.12.2019 (Öffnet in einem neuen Tab)
- Beschluss zur Klimaneutralität 2035, 7.11.2019 (Öffnet in einem neuen Tab)
Bonn4Future – Wir fürs Klima
- Bonn4Future – Wir fürs Klima. Umgang mit Ergebnissen des Mitwirkungsverfahrens (März 2023) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bonn4Future – Wir fürs Klima. Bericht im Nachgang des vierten Klimaforums (Oktober 2022) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bonn4Future – Wir fürs Klima. Bericht im Nachgang der Klimaforen 2 & 3 (Juli 2022) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bonn4Future – Wir fürs Klima. Bericht im Nachgang des ersten Klimaforums (Oktober 2021) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bonn4Future – Wir fürs Klima. Sachstand zum Mitwirkungsverfahren (Juli 2021) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Sachstandsbericht Bonn4Future – Wir fürs Klima (Februar 2021) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bonn4Future – Wir fürs Klima – Konzept zum Mitwirkungsprozess (Juni 2020) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Bürgerantrag: Wir fürs Klima Mitwirkungsprozess (März 2020) (Öffnet in einem neuen Tab)