Zeitfenster Februar: Wenn der Postbote zum Detektiv wird
Neujahrswünsche aus China für Lindenwirtin Aennchen Schumacher
Eine Postkarte vom 31.12.1901 mit einer seltsamen und wohl auch der kürzesten Adressangabe, lediglich „n - Deutschland“, erreichte 1902 tatsächlich die richtige Empfängerin. Es handelte sich um Neujahrswünsche aus Kiautschou in China an die berühmte Lindenwirtin Aennchen Schumacher in Bad Godesberg. Der Kleinbuchstabe „n“ steht für „n-chen“, also „Aennchen“. Viele Briefe und Karten an die Lindenwirtin waren nach heutigem Standard unzureichend adressiert, oft reichte für die damaligen Postbeamten aber ein „Aennchen Deutschland“ oder „Studentenmutter am Rhein“ aus, um die Post richtig zu zustellen.
Der Oberleutnant Hauck der kaiserlichen Marine verschickte die Postkarte 1901 bewusst nur mit der kryptischen „n“ Adressierung, um seinen Kameraden die Allwissenheit der Post und die Bekanntheit Aennchen Schumachers zu beweisen. Es hatte sich wohl zur „studentischen Tradition“ entwickelt, Postkarten mit möglichst originellen Variationen ihres Namens in der Anschrift zu verschicken.
Begleitet wurde die Postkarte von einem Brief des Marine-Postbüros in Berlin, datiert auf den 10.02.1902, auf welchem der Zustellungsweg der Postkarte und die Schlussfolgerung der Postbeamten bezüglich der der rätselhaften Adresse niedergeschrieben sind.
Die Postkarte ist Teil der Sammlung Aennchen Schumacher (SN152) und wurde zu Ausstellungszwecken in der ehemaligen Gaststätte auf Pappe aufgeklebt und gerahmt. Die Textseite ist heute somit nicht mehr lesbar, lediglich die Adressseite ist sichtbar. Der Begleitbrief des Marine-Postbüros fehlte leider 2016 bei der Rücknahme durch das Stadtarchiv. Der Inhalt der beiden Schreiben ist jedoch durch die frühere archivische Verzeichnung der beiden Objekte überliefert.
Am 26. Februar dieses Jahres ist der 90. Todestag von Aennchen Schumacher, sie lebte von 1860 bis 1935 in Bad Godesberg.