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Bundesstadt Bonn

FOKUS |‘33| Wie wir wurden, was wir sind

Das Foto zeigt (von links): Andreas K. W. Meyer, Generalintendant Dr. Bernhard Helmich, Rose Bartmer, Dr. Christian Esch

„Seit 2013 hat das Musiktheater eine Anzahl von Werken auf dem Spielplan, die nach 1933 oder ab 1945 von den Opernbühnen verschwanden oder in diesem Zeitraum erst entstanden und zur Uraufführung gelangten“, legte Operndirektor Andreas Meyer bei der Pressekonferenz zu FOKUS |‘33| dar. 

Im Projekt „Neue Wege“ erhält das Theater Bonn „die Möglichkeit über die nächsten drei Jahre hinweg weitere solcher Werke zur Aufführung zu bringen, was ein wirklicher Glücksfall ist“, erläutert Andreas Meyer. „Die Spielpläne, die wir heute haben, sind nicht zwangsläufig wirklich ein Spiegel dessen, was in der Vergangenheit erfolgreich war. Durch die bekannten Einflüsse ab 1933 und die noch unbekannten Einflüsse nach 1945 wird, was einst erfolgreich war, heute nicht mehr gespielt. Mit FOKUS |’33| spannen wir eine große Bandbreite von der Grande Opera bis zur Avantgarde der dreißiger Jahre – quasi von der Romantik bis zur Moderne.“

Gefördert wird FOKUS |‘33| mit rund 1,25 Millionen Euro vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit dem NRW KULTURsekretariat Wuppertal. „Zweck dieser Förderung ist es, künstlerische Akzente zu setzen, etwas zu ermöglichen, das über das Gewöhnliche hinausgeht“, beschreibt Dr. Christian Esch, Direktor des NRW KULTURsekretariat Wuppertal, das Projekt „Neue Wege“. „Wir wissen, Stadttheater verändern sich. Es ist keine Institution, die für die nächsten Jahre so bleibt; sie wird sich immer stärker mit anderen Institutionen verbinden und zusammenarbeiten, ob mit Schulen, mit freien Theatern, mit neuen Sparten, oder wird eben diesen intensiven Blick in die Vergangenheit werfen, wie FOKUS |‘33| es tut. Dieser Rückgriff auf kulturelle Erfahrungen, darauf, was unsere Geisteshaltung nach vorn bringt und reflektiert, das sind Dinge, die aus meiner Sicht, ganz entscheidend sind.“

„Mit dieser Förderung erlebe ich zum ersten Mal, dass eine so bedeutende Zuschusssumme dem Zwang unterliegt, sie nur für Kunst und Vermittlung ausgeben zu dürfen. Das Signal, dass der künstlerische Bereich wächst, statt zu schrumpfen, ist richtungsweisend“, beschreibt Generalintendant Dr. Bernhard Helmich das Arbeiten mit einer solchen zweckgebundenen Fördersumme. „In Hinblick auf die Zukunft macht mich das sehr optimistisch, da Geld nicht nur in die Projekte fließt, es schafft auch neue Stellen und fördert so die kulturelle Nachhaltigkeit. Es ist genau das Geld, das uns plötzlich eine Zukunftsorientierung gibt – etwas, was für ein Haus sehr wichtig ist.“

Die ausgewählten Stücke für die kommenden drei Jahre

  • Rolf Liebermann: Leonore 40/45 (Premiere am 10. Oktober 2021)
  • Giacomo Meyerbeer: Ein Feldlager in Schlesien
  • Arnold Schönberg: Moses und Aron
  • Richard Strauss: Arabella
  • Clemens von Franckenstein: Li-Tai-Pe
  • Alberto Franchetti: Asrael
  • Franz Schreker: Der singende Teufel
  • Kurt Weill: Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny

Ausgewählte Werke vor allem dem jüngeren Publikum nahebringen

Rose Bartmer, Projektmanagerin FOKUS |‘33|, ist die Idee zu dieser besonderen Reihe, deren Umsetzung ohne Förderperspektiven kühn gedacht wäre, zu verdanken. Ursprünglich als Vermittlungsprojekt geplant, hat Rose Bartmer es auf den großen Rahmen des Musiktheaters ausgeweitet. In ihren Händen liegt auch die Aufgabe der Vermittlung, um Werke dieser Art insbesondere dem jüngeren Publikum insbesondere im Kontext von Geschichte und Kultur näher zu bringen und erlebbar zu machen. „Zwei Fragen beschäftigen uns im Bereich der Vermittlung“, erläutert Rose Bartmer. Die Frage, wie man ein Bewusstsein dafür schaffen kann, dass ein Kanon immer in seiner Zeit und damit Spiegel derselben ist, stellt sich hauptsächlich in der Zusammenarbeit mit den Schulen. Dafür werden Materialien vorbereitet, die für den Musik- und Geschichtsunterricht über drei Jahre hinweg verwendet werden können. „Die zweite Frage ist aus einer Beobachtung entstanden: In den 1920er und 1930er Jahren war das Publikum unheimlich offen und neugierig – Oper hat berührt – und man ist hingegangen. Mein großes Ziel ist es, diese Nähe wieder herzustellen, das Vertrauen wieder aufzubauen und zu zeigen, welche Themen die Oper hat – Themen, die ganz nah an die Menschen herankommen.“

Rahmenprogramm

Begleitend zu den Vorstellungen der Reihe FOKUS |‘33| gibt es ein speziell auf die einzelnen Werke zugeschnittenes Rahmenprogramm. 

Den Anfang bildet am 10. Oktober der Festvortrag von Prof. Dr. Thomas Bauer, Arabist und Islamwissenschaftler der Universität Münster und Autor des Buches „Die Vereindeutigung der Welt. Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt“. Um 18 Uhr, direkt der Premiere LEONORE 40/45 von Rolf Liebermann vorangestellt, wird er zum Thema „Vom Kanon zum Einerlei – warum die Oper ihre Vielfalt liegenlässt“ sprechen.