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Bundesstadt Bonn

Bonn startet Offensive gegen Wohnungslosigkeit

Mit dem ehrgeizigen Ziel, die Wohnungslosigkeit in Bonn bis 2030 zu überwinden, ist am Montag, 20. März 2023, unter Leitung des Amtes für Soziales und Wohnen die „Bonner Offensive zur Überwindung von Wohnungslosigkeit bis 2030“ gestartet, eine ressortübergreifende Zusammenarbeit von Verwaltung, Trägern der Wohnungslosenhilfe und Politik.

Gemeinsam gegen Wohnungslosigkeit: (v.l.) Caritasdirektor Jean-Pierre Schneider, Helena Marx und Munirae Gharevi von der Geschäftsstelle der Offensive, Oberbürgermeisterin Katja Dörner, Gerhard Roden vom Fachbereich Wohnungslosigkeit der Caritas, Sozialamtsleiterin Anja Ramos, Sozialdezernentin Carolin Krause, Abteilungsleiter Sozialamt Peter Tilgen und VfG-Geschäftsführerin Nelly Grunwald.

Wohnungslose Menschen mit Wohnraum zu versorgen, wird immer schwieriger. In beliebten Städten wie Bonn gilt dies umso mehr. Deshalb hat das Amt für Soziales und Wohnen zur Auftaktveranstaltung zur „Bonner Offensive zur Überwindung von Wohnungslosigkeit bis 2030“ im Haus der Evangelischen Kirche eingeladen. Hintergrund ist die Resolution zur Überwindung der Obdachlosigkeit in der EU bis 2030, die die Europäische Union im Jahr 2020 gefasst hat. Neben Politik und Verwaltung waren die Vebowag, der Caritasverband für die Stadt Bonn und der Verein für Gefährdetenhilfe (VFG) dabei.

„Wohnen ist ein grundlegendes Menschenrecht“, so Oberbürgermeisterin Katja Dörner zum Auftakt der Veranstaltung. „Es ist unsere Aufgabe als Verwaltung und als Gesellschaft, Menschen ohne Obdach zu helfen. Wir können es nicht akzeptieren, dass Menschen zu lange in Unterkünften leben - ohne Privatsphäre und Perspektive. Wir wollen ein sozial gerechtes Bonn, und deshalb müssen wir das Thema gemeinsam mit höchster Priorität angehen.“ 

Aktuell nimmt die Anzahl der wohnungslosen Menschen in der Bundesstadt dramatisch zu. Laut Zahlen des Landes NRW hat sich die Zahl der wohnungslosen Menschen in Bonn seit dem Jahr 2011 fast verzehnfacht. Statistisch ist in Bonn bis 2050 von einem Bevölkerungszuwachs von mehr als 8,8 Prozent auszugehen, wodurch der Bedarf an Wohnraum in Bonn entsprechend wächst. Der Wohnungsmarkt wird diesen steigenden Bedarf trotz vielfältiger Instrumente zur Wohnungsbauförderung nicht decken können. Die Chance, eine Wohnung zu finden, nimmt ab. Das Risiko, die Wohnung zu verlieren, dagegen zu.

Bedarfsgerechte Versorgung in Sammelunterkünften schwer möglich

Die Kapazitäten in Bonn, wohnungslose Menschen in kommunalen Unterkünften unterbringen zu können, reicht schon lange nicht mehr aus. Es ist nur schwer möglich, die Menschen in den großen Sammelunterkünften bedarfsgerecht zu versorgen. Außerdem gelingt es kaum noch, die Wohnungslosigkeit durch Vermittlung in den Wohnungsmarkt zu überwinden. Dies gilt gerade im preiswerten Segment.

Die Sozialverwaltung möchte gemeinsam mit den Trägern der Wohnungslosenhilfe menschenwürdiges Wohnen ermöglichen, die Qualität der Unterbringung wohnungsloser Menschen in Bonn verbessern und ihren Bedarfen unter Nutzung sämtlicher sozialer Regelsysteme besser gerecht werden. Hierbei sollen auch diejenigen Angebots- und Hilfestrukturen erschlossen werden, die bisher für diese Personengruppe kaum zugänglich sind, wie zum Beispiel Leistungen der Pflegekasse und Krankenhilfe oder der Eingliederungshilfe.

Für diese Aufgabe braucht die Sozialverwaltung Unterstützung. Und zwar sowohl aus den eigenen Reihen der Stadtverwaltung als auch von Seiten externer Kooperationspartner*innen. Carolin Krause, Beigeordnete für Schule, Soziales und Jugend, unterstreicht: „Das gemeinsame Ziel muss sein, Exklusion von Menschen zu vermeiden – und natürlich eine soziale Wohnungspolitik, die sich für mehr und vor allem günstigen Wohnraum stark macht.“

Koordinierende Geschäftsstelle ist seit März besetzt

Für das Vorhaben hat der Rat der Stadt Bonn auf Empfehlung der Sozialverwaltung beschlossen, eine Geschäftsstelle beim Caritasverband für die Stadt Bonn einzurichten. Seit 1. März 2023 ist diese nun auch personell besetzt mit Munirae Gharevi und Helena Marx (Kontakt: Telefon 0228 /108 0, E-Mail:  eu2030caritas-bonnde).

Einen berührenden Appell, den Betroffenen nachhaltig zu helfen, hat Ella Elia Anschein in zwei Poetry-Slam-Beiträgen vorgetragen. Ella Elia Anschein ist gebürtig aus Bonn und heute Dramaturg*in am Schlosstheater Celle. In dem sehr persönlichen Stück „Wir müssen über Armut sprechen“ spricht Ella Elia aus Sicht des Kindes einer alleinerziehenden Mutter darüber, wie es sich anfühlt, arm zu sein und wie die Scham bis heute nachwirkt. Der Beitrag „GlücksFall“ berichtet von einer kurzen bewegenden Begegnung mit dem Obdachlosen Thomas.

Hintergründe zu Obdach- und Wohnungslosigkeit 

Die Begriffe Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit werden oft verwechselt oder gleichgesetzt, beschreiben aber unterschiedliche Situationen. Obdachlosigkeit bezeichnet einen Teil der Wohnungslosigkeit. Obdachlos sind Menschen, die keinen festen Wohnsitz und keine Unterkunft haben. Sie übernachten im öffentlichen Raum wie Parks, Geschäftseingängen oder U-Bahnstationen. Als wohnungslos werden alle Menschen bezeichnet, die keinen Mietvertrag haben. Sie leben beispielsweise in einer Notunterkunft, einer stationären oder einer kommunalen Einrichtung oder bei Freunden.

Die Zahl der wohnungslosen Menschen in Bonn lässt sich nicht exakt beziffern, weil einige Personen sich nicht wohnungslos melden, sondern wechselnde Übernachtungsmöglichkeiten nutzen. Im öffentlichen Raum sind rund 100 Personen bekannt, die sich regelmäßig in Bonn aufhalten. In städtischen Wohnungslosenunterkünften leben derzeit 410 Personen ohne Obdach. Hinzu kommen noch rund 100 Personen, die in einer Einrichtung eines freien Trägers untergebracht sind.