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Bundesstadt Bonn

Sie unterstützen junge Menschen dabei, mit dem Leben umzugehen

Die flächendeckende Schulsozialarbeit für alle städtischen Bonner Schulen besteht seit zehn Jahren. Wie das Team arbeitet, was sich verändert hat und welche Herausforderungen aktuell zu meistern sind, darüber berichten die Koordinationsteam-Mitarbeiterinnen Hanna Prüsener, Magdalene Pues und Dagmar Knyrim.

Deutsch, Mathe, Fremdsprachen – die Schule soll Wissen vermitteln. Mindestens genauso wichtig sind aber auch die Fähigkeiten, die oft als „Soft skills“ betitelt werden: respektvolles Miteinander, Konfliktfähigkeit, soziale Kompetenz. Die Anforderungen an Schule sind hoch. Dazu kommen die ganz individuellen Voraussetzungen und persönlichen Situationen der Schülerinnen und Schüler.

Ein Schulsystem, das in erster Linie Sach- und Fachkompetenz vermitteln und Leistungen bewerten soll, kann da bei allem Engagement an seine Grenzen stoßen. Hier kommt die Schulsozialarbeit der Stadt Bonn unterstützend ins Spiel. Seit zehn Jahren besteht das Team und leistet Schulsozialarbeit am Ort Schule. Ein Gespräch mit Hanna Prüsener, Magdalene Pues und Dagmar Knyrim vom Koordinationsteam der Bonner Schulsozialarbeit über die Entwicklung der vergangenen Jahre und die aktuellen Herausforderungen.

Das Team der Schulsozialarbeit der Stadt Bonn.

Selbstbewusstsein stärken und Fähigkeiten entdecken

„Es geht um Stärkung“, bringt Magdalene Pues die zentrale Aufgabe der Schulsozialarbeit auf den Punkt. „Die Fachkräfte sind für die Kinder und Jugendlichen da, denken von ihren Bedürfnissen aus und unterstützen sie dabei, mit dem Leben umgehen zu lernen“, sagt sie. Denn neben den schulischen Herausforderungen haben es junge Menschen auch mit weiteren Themen zu tun, bei denen sie möglicherweise Hilfe brauchen.

Seien es Spannungen in der Klasse, Lernschwierigkeiten, Mobbing, Probleme in Zusammenhang mit Flucht und Kriegserfahrung, familiäre Belastungen oder wirtschaftliche Nöte. „Wir wollen Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ihre Fähigkeiten zu entdecken“, ergänzt Dagmar Knyrim. Mit ganz verschiedenen Methoden geht die Schulsozialarbeit dabei vor: unter anderem mit Beratung, Begleitung und Weitervermittlung von Schüler*innen, Eltern, Lehrer*innen, mit Prävention und Intervention durch Gruppenarbeit und Projekte oder Ferienmaßnahmen.

Neben der ganz individuellen Unterstützung von Kindern und Jugendlichen helfen die Schulsozialarbeiter*innen auch ganz konkret der Klassengemeinschaft. „Demokratieförderung ist ein wichtiger Bereich unserer Arbeit, hier beraten und begleiten wir zum Beispiel, wie ein Klassenrat gegründet werden kann und sich die Kinder und Jugendlichen für ihre Interessen einsetzen können“, sagt Knyrim. Dann gibt es Projekte zum Thema „politischer oder religiöser Extremismus“, Cybermobbing und ganz aktuell zur Belastung der jungen Menschen mit Ängsten. „Das macht für viele Kolleg*innen das Besondere ihrer Arbeit aus – jeder Tag ist anders. Sie melden uns zurück, dass sie ihren Job als sehr vielfältig und spannend erleben, nicht zuletzt, weil sie oftmals schnell auf wechselnde Bedarfe reagieren müssen“, ergänzt sie.

Dabei wechseln die Schwerpunkte der Schulsozialarbeit immer wieder. Cybermobbing sei vor mehr als zehn Jahren noch nicht so brisant gewesen. „Das hat sich geändert mit dem Zugang zu Smartphones und Sozialen Medien“, so Knyrim. Momentan beobachten die Mitarbeitenden, dass die Folgen der Corona-Pandemie sich massiv auf die Kinder und Jugendlichen auswirkt.

„Das war ein drastisches Ereignis für die ganze Schulgesellschaft, geblieben sind bei einigen psychische Probleme und Ängste, bezogen auf Schule und auch allgemein“, beobachtet Pues. Auch der Krieg in der Ukraine lässt die Schüler*innen nicht unberührt: „Die Frage ‚Wie geht es in der Welt weiter‘ stellen sich gerade auch viele junge Menschen angsterfüllt“, sagt Knyrim. Hier versucht die Schulsozialarbeit stabilisierende Angebote zu machen.

Die Mitarbeiterinnen der Koordinierungsstelle für die Schulsozialarbeit der Stadt Bonn: (v.l.n.r.) Magdalene Pues, Hannah Prüsener und Dagmar Knyrim.

Sozialraum-orientierte Arbeit

„Wichtig ist uns, dass wir alle Kinder und Jugendliche stärken wollen. Natürlich gibt es Unterschiede in den Stadtteilen, aber es hat nicht immer mit Herkunft zu tun, welche Kinder besonders Hilfe brauchen“, betont Hanna Prüsener. Unterstützung bei der Entwicklung und Begleitung will das Team der Schulsozialarbeit bieten, damit junge Menschen lernen, wie sie mit Konflikten und Übergängen in ihrem Leben im Kontext Schule und darüber hinaus umgehen können. „Im Grunde geht es um Beziehungsarbeit“, sagt Pues. Denn nur wenn Vertrauen da sei, könnten sich junge Menschen öffnen und Hilfe annehmen.

Grundsätzlich arbeitet die Bonner Schulsozialarbeit Sozialraum-orientiert. Das bedeutet, die Schulsozialarbeiter*innen handeln möglichst ganzheitlich und beziehen neben den Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien und Schule weitere Partner mit ein, wie freie Träger oder die Jugendhilfe, um möglichst viele Ressourcen nutzen zu können. Daher ist die Schulsozialarbeit auch jeweils in Arbeitskreisen und Netzwerken vor Ort vertreten.

Kleine Historie der Bonner Schulsozialarbeit

2012 wurde die flächendeckende Bonner Schulsozialarbeit fest in die Arbeit des Schulamtes verankert. Davor gab es ausschließlich an Hauptschulen Schulsozialarbeiter*innen. Ermöglicht wurde das durch Mittel des Bildungs- und Teilhabepakets. Damals startete das Team mit 25 Vollzeitstellen, um Sozialarbeit am Ort Schule zu leisten. Die Kolleg*innen, die schon an den Hauptschulen arbeiteten, wurden in das Team der Schulsozialarbeit integriert.

Die Basisfrage war damals „Wie können wir Kindern und Jugendlichen in Bonn weit gefächert helfen und diese unterstützen?“ Von den insgesamt rund 100 Bonner Schulen bedient die Schulsozialarbeit 80. Das Stadtgebiet ist in elf so genannte Schulbezugsräume aufgeteilt. Jede*r Mitarbeitende betreut zwischen einer und drei Schulen, auch abhängig vom Sozialraum. Das Team der Schulsozialarbeit besteht aus Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen sowie Erziehungswissenschaftler*innen mit Schwerpunkt sozialer Arbeit.

„Es ist heute allgemein erkannt, dass unsere Arbeit wichtig ist, der Einsatz nötig und sogar noch intensiviert werden muss“, sagt Prüsener, die sich freut, dass die Arbeit der Schulsozialarbeit mit der Aufstockung auf 36 Stellen sehr unterstützt und gestärkt wird. Wir hier in Bonn erleben eine sehr große Akzeptanz in Politik und Gesellschaft“, sagt sie. Unterstützend wirke, dass seit 2021 die Schulsozialarbeit eine bundesweit gesetzlich fest verankerte Leistung ist. „Zudem haben wir in Bonn einen konstanten Personalstamm mit wenig Fluktuation, was sowohl dem Team, wie auch der Zielgruppe gut tut“, so Prüsener.

Eine weitere positive Entwicklung ist die stark gewachsene Offenheit der Schulen. „Manche waren anfangs sehr zurückhaltend, das ist nun anders“, sagt Prüsener, die beobachtet, dass das System Schule sich immer mehr öffnet für weitere Akteur*innen. „Trotzdem ist es noch ein Umgewöhnungsprozess, dass verstärkt Nicht-Lehrpersonal an Schulen mitarbeitet“, sagt sie. Doch dort ist die Schulsozialarbeit genau richtig, denn „dort erreichen wir die Kinder und Jugendlichen, und zwar alle“, sagt Prüsener.

Weitere Informationen unter  www.bonn.de/schulsozialarbeit (Öffnet in einem neuen Tab)