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Bundesstadt Bonn

Vorstellung Machbarkeitsstudie „Forum Exilkultur“

Bei einer Pressekonferenz am Dienstag, 28. März, haben Oberbürgermeisterin Katja Dörner, Kulturdezernentin Dr. Birgit Schneider-Bönninger, Dr. Philipp Hoffmann (Leiter Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen) sowie das beauftragte Architekturbüro die nun vorliegende Machbarkeitsstudie für das „Forum Exilkultur“ vorgestellt. Diese wurde im Februar 2022 vom Rat beauftragt. Entstehen soll das Forum im denkmalgeschützten Windeckbunker.

Vor dem Windeckbunker v.l.: Professor Peter Cheret vom beauftragten Architekturbüro, Dr. Birgit Schneider-Bönninger, Sport- und Kulturdezernentin, Oberbürgermeisterin Katja Dörner und Dr. Philipp Hoffmann, Leiter Zentrum Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen.

Mit dem Forum Exilkultur soll der seit vielen Jahren leerstehende Windeckbunker in der Innenstadt eine neue Bedeutung erhalten. Als ehemaliger Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg ist er besonders geeignet, um dem Diskurs zum Thema Exil und Menschenrechte, mit dem sich das Forum aktiv auseinandersetzen will, einen Raum zu geben. Dem Kulturausschuss wurden die Ergebnisse der Studie in seiner Sitzung am selben Abend präsentiert.

Oberbürgermeisterin Katja Dörner zu dem Projekt: „Mit der Verwandlung des Windeckbunkers zum Forum Exilkultur entsteht mitten in der Stadt ein besonderer Ort für Erinnerungskultur in Bonn. Dort kann die Auseinandersetzung mit Migration und Exil in unserer Vergangenheit und Gegenwart bewusst vorangetrieben werden. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zeigt, wie wichtig dieses Thema ist - und wie anhaltend aktuell. Mit dem Forum soll ein geeigneter, öffentlicher Raum geschaffen werden, der Platz für Diskussionen, Ausstellungen und Aufarbeitung bietet. Für den Demokratiestandort Bonn ist dies ein einzigartiges Projekt von enormer Bedeutung.“

Um die baulichen Maßnahmen zu ermitteln, die nötig sind, um den unter Denkmalschutz stehenden Hochbunker öffentlich nutzen zu können und eine erste Einschätzung zu den Kosten zu erhalten, wurden im Mai 2022 ein Architekturbüro und drei Fachplanungsbüros beauftragt. Federführend ist das Architekturbüro „Cheret Bozic Architekten“ unter Leitung von Professor Peter Cheret und Thea Cheret. Die Machbarkeitsstudie wurde im Lauf der Erarbeitung mit dem Sport- und Kulturdezernat sowie vielen Ämtern (Planungsamt, Untere Denkmalbehörde, Amt für Umwelt und Stadtgrün, Tiefbauamt und Städtisches Gebäudemanagement) abgestimmt. Fertiggestellt wurde sie Ende 2022.

„Für uns handelt es sich um ein überaus spannendes Projekt. Entscheidend bei der konzeptionellen Planung ist es, den Hochbunker architektonisch mit präzisen wie subtilen baulichen Interventionen zum Forum Exilkultur umzugestalten. Dabei müssen aber natürlich auch heutige Standards an Energieeffizienz, Begrünung, Barrierefreiheit oder Brandschutz beachtet und umgesetzt werden“, so Peter Cheret.

Perspektivansicht wie der Bunker in Zukunft aussehen könnte, vom Budafokpark aus gesehen.

Architektur

Ziel ist es, den Bunker als wichtigen historischen Baustein wieder gebührend in das Stadtbild zu integrieren. Der Baukörper wird durch gezielte Eingriffe geöffnet, und die besondere Atmosphäre bleibt erhalten. Auch die angrenzende historische Bastionsmauer soll für künftige Besucher*innen wieder mehr in den Fokus rücken. Aktuell verfügt der Bunker über zwei Zugänge aus seiner Bauzeit. Um barrierefreie Zugänge zu schaffen, sind nur wenige, präzise Arbeiten am Gebäude notwendig. Der neue Haupteingang erfolgt über die Südseite, also der Seite der neu gestalteten Grünfläche.

Der Bunker kann in drei unterschiedlich genutzte Raumbereiche gegliedert werden:

  • das Erd- und erste Untergeschoss, die flexibel für Wechselausstellungen und Veranstaltungen genutzt werden können;
  • das erste bis fünfte Obergeschoss, in dem Exilkunst aus der Zeit des Nationalsozialismus gezeigt wird;
  • und das bisher ungenutzte Dach. Dieses soll begehbar und ein begrünter Rückzugsraum mitten in der Stadt werden, das Aussicht auf die Bonner Innenstadt bietet. Ein Teilbereich wird mit einer Pergola überdeckt, auf der Photovoltaikelemente aufgebracht sind.

Um die Barrierefreiheit in allen Stockwerken zu gewährleisten, muss ein Aufzug gebaut werden. Die baulich einfachste Variante sieht vor, diesen extern, neben dem Haupteingang an das Gebäude anzuschließen.

Dachaufsicht mit einer neu angelegten Terasse und Photovoltaik-Anlage. Rechts anschließend ist der Aufzugsturm eingezeichnet.

Energiekonzept, Statik und Begrünung

Wegen des Denkmalschutzes ist eine äußere Wärmedämmung nicht möglich. Die Firma „Transsolar“ hat drei Varianten für die energetische Ertüchtigung des Windeckbunkers erarbeitet. Bevorzugt wird eine „reversible Wärmepumpe“ mit einem Eisspeicher. Dieser regeneriert sich über Photovoltaik (thermisch hybride Photovoltaik). Mit dieser Technologie könnte der Bunker energetisch autark betrieben werden. Mit Blick auf das Ziel der Bundesstadt Bonn, bis 2035 klimaneutral zu werden, wird diese CO2-neutrale Lösung favorisiert. 

Aus Sicht des Tragwerkplaners sind sämtliche im Entwurf vorgeschlagenen Öffnungen der Mauern möglich, auch wenn im weiteren Planungsprozess weitere Betonuntersuchungen berücksichtigt werden müssen. Das erarbeitete Brandschutzkonzept ist nach aktuellem Planungsstand umsetzbar – hilfreich ist, dass das Gebäude bereits über zwei Treppenhäuser verfügt, die als Fluchtwege dienen. Zusätzlich wird eine Treppe gebaut, die das Dach erschließt.

Die Fassadenbegrünung mit Efeu und Wildem Wein auf drei Seiten des Windeckbunkers ist ein wertvolles und schützenswertes Biotop. Es bietet Lebensraum für Vögel und Insekten und hat gerade im Innenstadtbereich eine hohe Bedeutung für den Biotop- und Artenschutz. Mit der Begrünung auf der Nord-, Ost- und Südseite des Gebäudes und dem vollständigen Bewuchs bis zur oberen Mauerkante, bleibt der Bunker als Station „Grüne Fassaden“ des städtischen Lehrpfads „Artenvielfalt in der Stadt“ erhalten.

Inhaltliches Ausstellungskonzept

Wechselausstellungen von heute in Deutschland im Exil lebende Künstler*innen schaffen einen Perspektivwechsel zu der in der Dauerausstellung präsentierten Exilkunst aus der Zeit des Nationalsozialismus. Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung sollen aktiv in die Arbeit des Hauses eingebunden werden und die Möglichkeit bekommen, sich künstlerisch zu entfalten und ihr Werk zu präsentieren. In einem der nächsten Schritte wird hierzu ein inhaltliches Ausstellungskonzept erarbeitet werden.

Sammlung Memoria
Ausgangspunkt und Basis des Forums Exilkultur ist die über mehrere Jahrzehnte hinweg zusammengetragene, einzigartige Sammlung bildender Kunst von Exilant*innen des Kölner Sammlers und Verlegers Thomas B. Schumann. Die Sammlung umfasst rund 1.000 Kunstwerke von etwa 200 Exilkünstler*innen sowie mehr als 5.000 Bücher von Exilautor*innen, die in der Zeit der NS-Herrschaft 1933-1945 Deutschland verlassen mussten. Die Sammlung „Memoria“ ist die Summe von Tausenden von Lebensgeschichten im Rang eines ebenso kollektiven wie kulturellen Tagebuchs, fokussiert auf die Jahre 1933-1945.

Um sie für die Öffentlichkeit zugänglich werden zu lassen, wird Thomas B. Schumann der Bundesstadt Bonn dieses einzigartige Erinnerungswerk dauerhaft überlassen. Ihr wird künftig inmitten des lebendigen Forums Exilkultur eine noch nicht messbare Bedeutung im Diskurs „Krieg, Vertreibung, Verlust und Hoffnung“ zukommen.

Kunst am Bau von Martin Noël
1986 schrieb die Stadt Bonn einen „Wettbewerb für die künstlerische Gestaltung des Bunkers“ aus – im Sinne eines „Mahnmals zum Frieden“. Der Anlass dazu war die 2000-Jahr-Feier der Stadt Bonn im Jahr 1989. Der Bonner Künstler Martin Noël bekam den Zuschlag. Sein Werk besteht aus einem großflächigen „Porträt eines Unbekannten“ an der Südseite – eine mit breiten, astähnlichen Strichen angerissene Silhouette eines Kopfes - sowie den vier Elementen Erde, Luft, Wasser und Feuer auf allen vier Gebäudeseiten, verdeutlicht durch alchimistische Zeichen. Alle Elemente des Kunstwerks sind heute noch vorhanden, jedoch weitgehend durch Efeu und Wildem Wein überwuchert. Im Zuge der Transformation des Bunkers soll es wieder sichtbarer werden.

Kosten, Zeitplan und nächste Schritte

Die erste Kostenschätzung für die geplante CO2-neutrale Bauweise liegt aktuell bei insgesamt rund 10,3 Millionen Euro, die bis zur Realisierung mit einer durchschnittlichen Baukostensteigerung von fünf Prozent pro Jahr fortgeschrieben werden muss. Für die bauliche Realisierung wird auf dem aktuellen Stand der Machbarkeitsstudie ein Zeitraum von 12 bis 14 Monaten angenommen. Für die Fertigstellung der Ausstellungsarchitektur werden nachlaufend noch ca. zwei bis drei Monate benötigt. Hinzu kommen erforderliche Zeiten für Planungen, Genehmigungen und Gremienbeschlüsse, die aktuell noch nicht absehbar sind.

Die Verwaltung prüft derzeit, ob und in welchem Umfang Fördermittel für die Realisierung des Forums Exilkultur beantragt werden können.